Bislang war ich immer im Meer tauchen. Und bis vor ein paar Monaten hatte ich, ehrlich gesagt, auch noch nie was von Cenoten, Unterwasser-Tropfsteinhöhlen im mexikanischen Dschungel, gehört. In der Nähe von Tulum, auf der mexikanischen Halbinsel Yucatan, sollte sich beides ändern.

Was sind Cenoten?

Cenoten kann man sich am ehesten vorstellen als mit Wasser gefüllte Tropfsteinhöhlen. Sie entstehen, wenn die Decken von Kalksteinhöhlen einstürzen. Manchmal ist es einfach nur ein riesengroßes Loch, das sich mit Regenwasser gefüllt hat. Andere Cenoten sind mit gigantischen Höhlenlabyrinthen verbunden und reichen bis zum Grundwasser tief. In Mexiko gibt es mehr als 1.000 solcher Cenoten. Im Schnitt sind sie etwa 15 m tief, vereinzelt auch mehr als 100 m. Die Maya betrachteten sie als Tore zur Unterwelt und nutzten sie häufig als religiöse Opferstätten.

 

Welche Cenoten betauchen?

Wir entscheiden uns, in zwei der bekanntesten und schönsten Cenoten zu tauchen: El Pit (übersetzt: Die Grube) und Dos Ojos (zwei Augen). Alle Tauchanbieter fahren diese Spots an. Wir buchten beim teuersten Anbieter (190 US-$ pro Person für 3 Tauchgänge): Kooxdiving, der damit wirbt, dass sein Equipment das beste sei.

Logbook unseres Tauchanbieters

Logbook unseres Tauchanbieters

 

Tauchanbieter Kooxdiving: zu viel versprochen

Das zumindest ist eine sehr kühne Behauptung, wie wir beim Anprobieren lernen: Mein Neoprenanzug ist voller Ameisen, sodass es bereits am ganzen Körper juckt bevor es losgeht (kein Wunder, werden die Anzüge auch nachts draußen gelagert), außerdem sind die Reißverschlüsse des Wetsuits defekt. Auch die Gummibänder der Flossen sind gerissen und werden nur durch ein selbstgebasteltes Provisorium zusammengehalten.

So gut wie versprochen ist das Equipment nicht: Die Flossen werden nur durch selbstgebastelte Gummis zusammengehalten, die auf die Achillessehnen drücken.

Provisorisch geflickte Flossen

Hinzu kommt, dass es die Tauchbasis auch mit der Sicherheit nicht so genau nimmt: Eigentlich dürfen nur erfahrene Taucher (Mindestanforderung PADI Advanced Open Water) in Cenoten tauchen, da es bis zu 40 m tief hinab geht (bei El Pit) und man in den engen Höhlengängen (Dos Ojos) gut austariert sein muss. Zu unserer Gruppe (Gruppen dürfen maximal vier Taucher plus Guide groß sein) gesellt sich ein Mexikaner, der gerade mal 9 Tauchgänge aufzuweisen hat und lediglich den Anfängerschein (Open Water) hat.

 

Tauchen in der Cenote „El Pit“

Und das rächt sich gleich beim ersten Tauchspot El Pit, dessen Höhleneingang ein paar Kilometer entfernt von Tulum im Dschungel liegt. Der Mexikaner hat Probleme beim Tarieren und ist etwas nervös, da er seit einem Jahr nicht mehr tauchen war. Prompt verwechselt er die beiden Knöpfe an seinem BCD. Statt Luft aus seinem Jacket zu lassen, pumpt er noch mehr rein. Und so schießt er völlig ohne Vorwarnung aus knapp 20 Meter Tiefe nach oben an die Wasseroberfläche, ehe wir uns versehen (selbstredend ohne den obligatorischen Sicherheitsstop in 5 m Tiefe einzulegen).

Der Guide setzt den Tauchgang dennoch mit uns fort. Wir tauchen in diesem kreisrunden Höhlenloch spiralförmig nach unten – und später auch wieder hinauf. Der größte Unterschied zum Tauchen im Meer ist das glasklare Wasser. Nichts, aber auch gar nichts trübt die Sicht – bis auf die Tatsache, dass es natürlich sehr dunkel ist in der Höhle. Doch wenn das Sonnenlicht durch einen Spalt in die Höhle kommt, entstehen nicht nur spektakuläre Lichteffekte. Es sieht tatsächlich so aus, als schwebe man durch die Luft. Sehr unwirklich. 

Querschnitt der Cenote El Pit

Querschnitt der Cenote El Pit

 

Sulfatschicht in 25 m Tiefe

Das Besondere an El Pit: In etwa 25 Meter Tiefe treffen Süß- und Salzwasser aufeinander. Zwischen dem tieferen Salzwasser und dem Süßwasser darüber wabert eine Sulfatschicht – eine sogenannte Süßwasserlinse, die dafür sorgt, dass sich die beiden Wasserschichten nicht vermischen. In dieser milchig-schimmernden Schicht sieht man kaum etwas, es fühlt sich an wie eine meterdicke Wasserschicht voll mit Spülmittel. Irre!

Fische gibt es so gut wie keine in der Cenote. Stattdessen ragen die Äste mächtiger Bäume, die irgendwann mal in die Tiefe gestürzt sind, wie tote Finger heraus. Scary! Erst recht, wenn man bedenkt, dass tief unten auch noch menschliche Knochen liegen (die wir aber nicht sehen). Denn die Mayas warfen Opfergaben für ihre Götter in die Cenoten: Tote, aber auch Lebende. Grausame Zeiten.

 

Tauchen in der Cenote „Dos Ojos“

Nur 3 km entfernt absolvieren wir zwei weitere Tauchgänge: in Dos Ojos, einer ganz anders geformten Cenote als El Pit. Vom Höhleneingang gehen zwei unterschiedliche Höhlensysteme ab – beide mit Wasser geflutet. Man taucht nur wenige Meter ab und dann flach weiter in eine laaaaaange, enge Art von Röhre. Insgesamt ist das Höhlenlabyrinth 82 km (!) lang, wovon jedoch nur ein kleiner Teil betaucht werden darf.

(Update am 17.01.2018: Dos Ojos gilt jetzt als längste Unterwasserhöhle der Welt – stolze 350 km lang! Nach jahrelanger Forschung haben Wissenschaftler eine Verbindung zur Höhle Sac Actun nachgewiesen. Mehr dazu findest Du hier)  

Das Höhlenlabyrinth von Dos Ojos

Das Höhlenlabyrinth von Dos Ojos. Die gelben Linien markieren die Tauchrouten.

Im Eingangsbereich ist auch Schnorcheln erlaubt und so tummeln sich hier recht viele Menschen im Wasser. In den Labyrinthen würde man alleine ganz sicher recht schnell die Orientierung verlieren. Deshalb ist ein Seil durch die Höhlentunnel gespannt, an dem man sich orientieren kann. Der erste Abschnitt, das erste „Auge“ (Ojo) hat wenig Spektakuläres zu bieten. Wahrscheinlich haben Taucher dort eine „Barbie-Line“ installiert, die so heißt, weil an einer Stelle des Seils eine Barbie-Puppe befestigt ist, die etwas unerwartet auftaucht.

 

Fledermäuse beim Tauchen

Das zweite Ojo („Bat Cave“) unterscheidet sich vom Taucherlebnis her kaum vom ersten. Mit einer Ausnahme: Nach ein paar Minuten gelangt man durch die engen Höhlengänge auf einmal in eine Höhle mit einem oberirdischen Bereich, der mit Luft gefüllt ist. Dort können wir auftauchen – und befinden uns in einer von Fledermäusen bewohnten Höhle. Im Dunkeln flattern die Tiere immer wieder über unsere Köpfe – ich bin froh, den Kopf nach ein paar Minuten wieder unter Wasser stecken zu können, um weiter zu tauchen, bis wir wieder den eigentlichen Höhleneingang erreichen.

Die Cenoten – ein völlig anderes Taucherlebnis als im Meer. Süß- statt Salzwasser, viel bessere Sicht, aber keine Tiere. Eine fremdartige und zugleich verstörend schöne Unterwasserwelt.

Anmerkung: Die meisten Fotos sind Screenshots aus GoPro-Filmen.

 

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Auf unserer einjährigen → Weltreise waren wir auch in Mexiko. Über unsere Erfahrungen dort haben wir in diesen Artikeln geschrieben:

 

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