Sich Weihnachten und Silvester nicht aufzuregen, ist ohnehin schwer. Die Planungen und Vorbereitungen ziehen sich, Entscheidungen müssen getroffen werden. Das ist im Ausland und auf Reisen nicht anders. Ganz vor Weihnachten und Silvester zu flüchten, gelingt also nicht. Bloß die Aufregerthemen sind andere. Heute: Costa Rica. 

Zugegeben, Südamerika ist günstiger als gedacht. Selbst das Loch, das die Galapagosinseln in unser Reisebudget reißen, hält sich in Grenzen. Doch dann kommt Costa Rica. Zunächst gibt es Grund zur Freunde, denn am zweiten Tag treffen wir unsere Freundin Alexia aus Hamburg, die uns dort besucht und mit der wir über die Feiertage zwei Wochen herumreisen wollen. Die hat praktischerweise ihren Cousin Jurij in der Hauptstadt San Jose. Mit dieser Unterstützung sollten selbst Weihnachten und Silvester dort ein Klacks werden, denken wir.

Weltreisebesuch in Costa Rica: Alexia

Weltreisebesuch in Costa Rica: Alexia

Was es wird ist vielmehr des Wahnsinns Knusperhörnchen. Sicher, Freunde und Bekannte hatten uns vorab mehr oder weniger gewarnt, dass Costa Rica touristisch und teuer sei, aber wir wischten die Hinweise vom Tisch. Wir sind schließlich schon vorher in gut erschlossenen Ländern und haben noch immer schöne Ecken und günstige Preise gefunden. Nicht so in Costa Rica.

Costa Rica: Pura Vida?

Was dem Hawaiianer das "Aloha" und dem Australier das "No Worries" ist dem Tico das "Pura Vida"

Was dem Hawaiianer das „Aloha“ und dem Australier das „No Worries“ ist dem Tico das „Pura Vida“

Ich bin geschockt vom Preisniveau, das sich locker mit europäischen Hauptstädten messen kann, was Essen angeht bei schlechterem Service und verbesserungswürdigen hygienischen Bedingungen. Das „Pura Vida“, das einem hier penetrant als „alles klar“ oder als Abschiedswendung hinterher geworfen wird, macht mich phasenweise regelrecht aggressiv. Pura Vida? Von wegen, vielmehr pure Abzocke. Nicht nur Restaurants auch Unterkünfte sind völlig überteuert und dabei wenig spektakulär.

Versteht mich nicht falsch, für besondere Orte oder ein spezielles Menü gebe ich gern Geld aus, wenn auch wohl überlegt, aber hier in Pura-Vida-Country ist einfach alles (zu) teuer. Ich bin regelrecht deprimiert darüber, wie sehr dieses Land mein Reisebudget schröpft und das, obwohl wir die erste Woche dort praktisch nur am Strand liegen!

Beispiel Manuel-Antonio-Nationalpark

Hinzu kommt, dass nichts in Costa Rica so besonders oder nur hier anzutreffen ist, dass es die Preise gerechtfertigt hätte. Der → Manuel-Antonio-Nationalpark zum Beispiel: im Reiseführer wird er unter den Top-16-Attraktionen von Zentralamerika gelistet und als „grünes Juwel“ mit „jede(r) Menge Tieren“ beschrieben. Jede Menge gab es, allerdings Touristen.

Wegen Überfüllung geschlossen: Manuel-Antonio-Nationalpark

Wegen Überfüllung geschlossen: Manuel-Antonio-Nationalpark

Als wir gegen 9 Uhr ankommen, machen sie knapp hinter uns das Tor zu, weil die maximale Personenzahl, die im Park zugelassen ist, erreicht ist. Bei unserer geführten Tour sehen wir zugegebenermaßen viele Tiere, aber entweder hocken sie stur 20 m über uns in den Baumwipfeln, oder wir können sie lediglich durch das Profi-Teleskop des Guides erspähen. Ich bin besonders enttäuscht, weil ich fest darauf gehofft hatte, ein Faultier – ich liebe Faultiere – von ganz Nahem zu sehen, aber das passiert natürlich nicht. Unsere Gruppe besteht dabei aus 15 Personen, die bei jedem Grashüpfer erstmal am Fernglas vorbeigeschleust werden müssen. Die fünf Kinder sind besonders schwer davon zu überzeugen, das Teleskop wieder herzugeben. De facto warten wir also die meiste Zeit darauf, durchs Fernglas zu schauen.

Faultiere gab es aus der Nähe nur auf T-Shirts zu sehen.

Faultiere gibt es aus der Nähe nur auf T-Shirts zu sehen.

Selbst auf den Geldscheinen lächelten uns die Faultiere verheißungsvoll zu.

Selbst auf den Geldscheinen lächeln uns die Faultiere verheißungsvoll zu.

Fortbewegung in Costa Rica

Dafür, dass sich permanent Touristenmassen durch das Land walzen, sind die Straßen oft schlecht ausgebaut, es gibt auf einigen Routen keine vernünftigen Verbindungen mit öffentlichen Bussen, zumal die alle über San José fahren und sich die Fahrzeit deswegen vervielfacht, und die privaten Shuttle Services verlangen Mondpreise. 

Wir hätten uns ein Auto mieten sollen!!! Viele Monate vorher hätten wir uns ein Auto mieten sollen, aber dafür ist es nun zu spät. Also blättern wir weitere, schmerzhafte Colones, das ist die costa-ricanische Währung, hin. Immerhin: Dafür bekommen wir den Deluxe-Private-Shuttle mit Luis, der noch bei seinen Eltern wohnt und ein Oben-Ohne-Foto als WhatsApp-Profilbild hat. Ja, auch in Costa Rica kommuniziert man gern via WhatsApp. Wir können also nicht behaupten, wir hätten nichts Neues oder Besonderes erlebt. Der Shuttle war toll: Es gab nur vier Plätze in dem kleinen, neuen und vollklimatisierten Bus und er gehörte ganz uns.

Preisniveau: gewöhnungsbedürftig

Nach einiger Zeit haben wir uns, der Mensch gewöhnt sich ja bekanntermaßen schnell an alles, ans Preisniveau von Costa Rica gewöhnt. Ich werde dann auch nicht mehr so schnell wütend. Von da an macht es Spaß, und klar, schön ist das Land allemal. Wir buchen einige Touren, z. B. den → Two Volcanoes Hike, der Alexia und ihre Schuhe an ihre Grenzen trieb, das → Ziplining, das Dominik an seine Grenzen trieb (ich sag nur „Tarzan Swing“) und das → Wildwasserrafting, mein persönliches Highlight!

Fazit Costa Rica

Mein Fazit zu Costa Rica: kann man machen, muss man nicht, über Weihnachten und Silvester ohnehin nicht, würde ich auch nächstes Mal gar nicht, dafür lieber Nicaragua oder Guatemala. Aber wer doch nach Costa Rica fährt, der sollte besser den dicken Sparstrumpf mitnehmen.

Pura Vida!

Nicht vergessen: für Costa Rica den Sparstrumpf einpacken

Nachtrag Costa Rica: doch Pura Vida?

Inzwischen ist einige Zeit nach unserer Costa-Rica-Reise vergangen, in der wir weitere Länder bereist und Erfahrungen gemacht haben. Vor diesem Hintergrund und der Gerechtigkeit halber, möchte ich meinen Verriss auf Costa Rica etwas relativieren.

Wir waren mit Weihnachten und Silvester zu einer schwierigen Reisezeit dort, die mehr Planung erfordert hätte. Erschwerend kam hinzu, dass wir die Zeit vor Costa Rica auf den → Galapagos-Inseln verbracht haben, wo wir praktisch kein Internet hatten und nicht planerisch tätig werden konnten. 

Im Vergleich zu den Ländern, die wir auf unserer → Weltreise vorher besucht haben, ist Costa Rica teurer, touristischer und „amerikanisiert“. Dafür gibt es eine gute touristische Infrastruktur und die Ticos  sprechen in der Regel Englisch.

Die Fortbewegung ist in der Tat etwas schwierig, weil die öffentlichen Verbindungen sternförmig alle über San José gehen und das die Reisedauer beträchtlich erhöht. Hier wäre ein frühzeitig gebuchtes Mietauto mit Allradantrieb sicher die beste Lösung gewesen. 

Die Natur in Costa Rica ist sehr vielfältig und gerade, wenn man wie wir auf Action wie Rafting oder Ziplining steht, kann man hier voll auf seine Kosten kommen. Im Vergleich zu anderen Orten / Ländern wie → Hawaii, → Neuseeland oder → Australien gibt es diese Aktivitäten in Costa Rica fast zum Schnäppchenpreis, und das in unglaublich schöner Natur. Ich würde Costa Rica also doch nochmal eine Chance geben, falls ich mal wieder in die Gegend komme …