Panama, genauer gesagt Panama-Stadt, ist unser Tor nach Mittelamerika, wo wir die nächsten beiden Monate verbringen wollen. Ein neuer Abschnitt der Weltreise steht bevor, neu, aber nicht minder gefährlich. Als Dreh- und Angelkreuz von Mittelamerika starten wir mit Panama-Stadt, wo es, anders als in dem Kinderbuch von Janosch, nicht die ganze Zeit nach Bananen riecht.

Panama-Stadt: Metropole der Gegensätze

Als wir → von Südamerika her ankommen, haben wir eigentlich Städte satt gehabt. Es wiederholte sich alles, alte Strukturen, spanischer Einfluss, Kolonialarchitektur usw. Panama-Stadt aber ist anders. Die Hauptstadt begegnet uns als komplexe Metropole voller Gegensätze. Verfallene Fassaden längst vergangener glanzvoller Tage, Luxuswolkenkratzer der Superreichen, Slums, Villenviertel, tropische Hitze nur unterbrochen von eiskalten Klimaanlagen und kurzen, aber heftigen Regengüssen. Eine Promenade verbindet die neue und die alte Stadt.

Templo Bahá’í – ein Tempel wie ein Ei

Auf einem entlegenen Hügel, dem Cerro Sonsonate, thront der Templo Bahá’í, der aussieht wie ein Ei und von dessen Art es weltweit nur fünf Exemplare gibt. Auf dem Info-Blatt heißt es zur Auswahl des Standortes: „The Republic of Panama was selected as the site of the Mother Temple of Latin America to be erected, due to the great importance that is given to this in the Bahá’í Writings, ‚You must give special attention to the Republic of Panama because at this point the East and the West are united through the Panama Canal and it is placed between two oceans: in the future it will gain most great importance.‘“

Das „Bahá’í House of Worship“, wie der Tempel auf dem Flyer genannt wird, ist symmetrisch und wie ein Stern mit neun Zacken aufgebaut, weil die Zahl neun in dieser Religion eine besondere Rolle spielt: Sie steht für „the unity of God, the fundamental unity of the religions and of humantity“. So gibt es auch neun Eingänge zu allen Seiten, sodass der Tempel offen, hell und lichtdurchflutet ist. Gekrönt wird das Fundament des neunzackigen Sternes von einem parabolischem Dom, der für den Laien aussieht wie das Oberteil von einem Frühstücksei.

Der Panama-Kanal

Und dann ist da natürlich noch der Kanal, das Herz und die Hauptschlagader der Stadt. Lange vor dem Kanal selbst, sehen wir an der Pazifikküste schon die großen Schiffe lauernd in Stellung liegen, geduldig auf ihre Slots zum Passieren des Kanals (was im Schnitt acht bis zehn Stunden dauert) wartend.

Schiffe warten auf ihren Slot zum Passieren des Panamakanals

Wie Perlen an einer Schnur warten die großen Schiffe auf die Durchfahrt des Panamakanals.

Es war einmal … 

Vor der einjährigen Weltreise hatte ich immer versucht, mir bestimmte Destinationen vorzustellen, damit sich alles realer anfühlte. Manchmal wurde ich auch gefragt, worauf ich mich am meisten freue. Einer dieser Momente stand nun unmittelbar bevor: Zuhause hatte ich mir nämlich immer ausgemalt, entspannt, einsam und friedlich im Gras am Panama-Kanal zu sitzen und zuzuschauen, wie ein riesiges Schiff gemächlich durchfährt.

… oder: Vorstellung und Realität

Doch es soll anders kommen. Von entspannt Sitzen kann keine Rede sein, denn zu den Miraflores-Schleusen kann man nicht einfach hingehen. Dafür gibt es ein Besucherzentrum, für das jeder Eintritt zahlen muss, der die Schleusen sehen möchte. Wir werden, nachdem wir besagten Eintritt brav gezahlt haben, mit zig anderen Schaulustigen durch das Besucherzentrum geschleust und drängeln uns schließlich auf einem großen Balkon im vierten Stock am Geländer. Auf den meisten Fotos, die wir machen, sind deshalb irgendwelche Körperteile anderer Menschen drauf. Schiffe haben wir glücklicherweise gesehen, doch es hat nichts besinnliches oder friedliches, wie in meiner Prä-Weltreise-Vorstellung.

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Wir bleiben solange, bis die Massen fort sind, und ich versuchte mich innerlich abzuschirmen, um doch noch ein bisschen Frieden beim Anblick der sich in der Schleuse hebenden und senkenden großen Pötte zu finden. Gerade als es anfängt, so richtig friedlich in mir auszusehen, werden wir allerdings von einem mittelfreundlichen Mitarbeiter rausgeschmissen: Schiffe fahren zwar noch, aber das Besucherzentrum werde jetzt schließen. Da ist es mit dem Frieden dann wieder vorbei.

Jahrhundertbauwerk Panama-Kanal

Trotzdem bleibt der Besuch des einzigen Kanals, der Pazifik- und Atlantikküste verbindet, ein ganz besonderes Erlebnis. Denn obwohl er, zumindest im Vergleich mit der Elbe, schmal wirkt, verfehlt er nicht seine beeindruckende Wirkung, ist er doch vor ziemlich genau 100 Jahren ein Bauprojekt gigantischer Ausmaße gewesen. Vor allem auch, weil 75.000 Menschen daran gearbeitet haben, 25.000 sind im Laufe der Bauarbeiten gestorben, z. B. an tropischen Krankheiten und den katastrophalen hygienischen Bedingungen. In den vergangenen 100 Jahren hat das Bauwerk nichts an seiner Relevanz eingebüßt. So sind auch heute noch 92% aller Frachtschiffe nach dem Panamex-Maß gebaut. Das heißt, sie sind so konstruiert, dass sie von der Länge und Breite her in die Schleusen des Panama-Kanals passen. Die USA sind die Hauptnutzer des Kanals, was kein Wunder ist, spart ein Schiff, das von San Francisco nach New York fährt doch satte 12.674 km, wenn es durch den Kanal abkürzt anstatt Südamerika zu umfahren.

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