Wie nähert man sich einer Stadt, vor der in jedem Reiseführer gewarnt wird? Vor Express-Kidnapping, bewaffneten Überfällen, falschen Polizisten und Taxifahrern, der hohen Kriminalitätsrate? Wir haben von alldem nichts bemerkt, und doch hatten wir (aufgrund der Warnungen) stets ein mulmiges Gefühl, wenn wir uns ins Getümmel der Millionenmetropole gestürzt haben. 

Dabei hat La Paz einiges zu bieten: Die Stadt hat fast schon erschreckende Ausmaße, wie wir beim Landeanflug (von Sucre kommend) feststellen konnten: Sie liegt in einem sehr steilen Tal – mit einem Höhenunterschied von 900 Metern. Oben, auf dem Berg ist die Luft sehr dünn: 4100 m über dem Meeresspiegel. Damit ist La Paz der höchstgelegene Regierungssitz der Welt (die offizielle Hauptstadt Boliviens ist Sucre).

La Paz und der Papst

Auf dem Weg vom Flughafen (der ganz oben in El Alto liegt, was mittlerweile kein Stadtteil mehr von La Paz, sondern eine eigenständige Stadt mit mehr als 800.000 Einwohnern ist) hinunter in die Stadt fielen uns vor allem die unzähligen Plakatwände auf, auf denen Papst Franziskus begrüßt wurde, der im Juli das Land besucht hatte.

Er muss damals auch einige Besonderheiten mitbekommen haben (abgesehen davon, dass für ihn wegen der Höhe immer Sauerstoffflaschen bereitstanden). Denn am Plaza Murillo (wo Franziskus die Kathedrale besuchte), ticken die Uhren anders.

Wo die Uhren anders ticken

Im wahrsten Sinne des Wortes. Im Sommer 2014 beschloss die Regierung über Nacht, dass in Bolivien die Uhren künftig gegen den Uhrzeigersinn laufen sollen (man will damit alte Spuren der Kolonialisten tilgen und zeigen, dass man sich auf der Südhalbkugel befindet). Eine Schnapsidee, an die sich natürlich keiner hält. Aber am Kongressgebäude wurde die Uhr geändert: Sie läuft nun gegen den Uhrzeigersinn. Die 1 steht links neben der 12 usw.

Hexenmarkt von La Paz

Einzigartig ist auch der Hexenmarkt. Dort gibt es an jedem Stand getrocknete Lamaföten zu kaufen. Wer ein Haus baut, soll solch einen Fötus einmauern – als Opfer für „Pachamama“ (Mutter Erde). Selbst wer nicht an den Brauch glaubt, kommt nicht drumherum. Denn ansonsten weigern sich die Bauarbeiter, das Haus zu bauen.

Überhaupt die Märkte: Da es in Bolivien quasi keine Supermärkte gibt (in ganz La Paz gibt es gerade mal neun), wird alles auf der Straße verkauft. In der einen Straße beispielsweise sitzen die Frauen, die Obst verkaufen, auf einer anderen Straße werden Getränke verkauft, in einem anderen Viertel gibt’s alles rund ums Auto …

Die Seilbahnen von La Paz

Die neueste Attraktion von La Paz sind die Seilbahnen durch die Stadt, wie wir sie aus den Skigebieten kennen. Und in der Tat: Das österreichische Unternehmen Doppelmayr hat sie gebaut. Anders als beispielsweise in Salta soll damit nicht nur die Fahrt zu einem Berg der lieben Aussicht wegen erleichtert werden.

Die Seilbahn in La Paz ist mittlerweile das wichtigste Verkehrsmittel, um dem Stau zu entkommen und die 900 Höhenmeter zu überwinden. Quasi das Gegenteil von einer U-Bahn. Im Mai 2014 wurde die erste Seilbahnlinie eröffnet, mittlerweile gibt es drei Linien, weitere sechs sind in Planung. Die Seilbahn übertrifft alle Erwartungen und wirft trotz des geringen Fahrpreises von umgerechnet 40 Cents enorme Gewinne ab. Der Friedhof von La Paz hat seine eigene Seilbahn-Haltestelle – kein Wunder bei dem Andrang, über den wir hier schon geschrieben haben.

Das ungewöhnlichste Gefängnis der Welt

Bleibt noch das ungewöhnlichste Gefängnis der Welt: San Pedro, wo Insassen sich für 5.000 Euro im Monat Wohnungen mit Whirlpool, Satelliten-TV und Champagner mieten können (was derzeit ca. 75 Insassen machen – überwiegend Drogendealer). Im Knast sitzen insgesamt 2000 Insassen ein (obwohl nur für 300 ausgelegt), die in acht Sektoren untergebracht sind – von überfüllten Schlafsälen im Dreck bis hin zum Luxus-Penthouse. Alles eine Frage des Preises.

Denn die Gefängnisstadt wird de facto in Eigenregie der Insassen verwaltet, die Wärter halten sich außerhalb der Mauern auf. Die Regierung hat vor Jahren vergeblich versucht, die Kontrolle über das Gefängnisinnere wieder zu erlangen. Rusty Young hat darüber ein packendes Buch geschrieben (das Brad Pitt verfilmen will). Ausbrüche gibt es angeblich nicht. Die reichen Insassen wohnen in Saus und Braus mit ihren Familien in den gemieteten Luxus-Knastwohnungen. Verrückt. Und bezeichnend für La Paz, die Stadt der Extreme.

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  • Über „La Paz: Seilbahn, Hexenmarkt und Cholitas“ hat Kate vom Blog Kate Travels ganz aktuell geschrieben.
  • In La Paz hatten wir das Glück, dass wir an Allerheiligen dort waren. Dann findet immer ein großes Spektakel auf den Friedhöfen statt.
  • Für uns ging es nach La Paz weiter an die Copacabana den Titicacasee, was wir dir sehr empfehlen können.