Wenn wir mit Leuten gesprochen haben, die bereits Neuseeland bereist hatten, meinten alle, aber auch wirklich alle: Ihr müsst unbedingt das Tongariro Alpine Crossing machen. Es ist die beliebteste und wohl auch schönste Wanderstrecke Neuseelands, gelegen im Tongariro-Nationalpark mit drei aktiven Vulkanen und als eine der ganz wenigen Stätten von der UNESCO gleich zweimal ausgezeichnet: zum UNESCO Weltkultur- und zum UNESCO Weltnaturerbe. Peter Jackson drehte hier etliche Szenen für „Der Herr der Ringe“, unter anderem die große Schlacht in Mordor. Ein absolutes Highlight des Tongariro Alpine Crossings ist der aus den Filmen bekannte Schicksalsberg. Wir sind zwar nicht unbedingt passionierte Alpinisten, aber es klar: Da müssen auch wir uns hoch quälen.

Für Peter Jacksons „Der Herr der Ringe“-Filme wurde der Ngauruhoe als Vorlage für den Schicksalsberg verwendet.
Tongariro Alpine Crossing: los geht’s
Der Weg führt über 19,4 km. Das heißt: Wer mit dem Auto zum Anfang des Wanderweges fährt, muss dann vom Ziel aus irgendwie wieder zum Ausgangspunkt zurückkommen. Für diesen Zweck gibt es einen Bus, der pro Person 30 NZ-Dollar (ca. 20 Euro) kostet. Von unserer Unterkunft (Discovery Lodge) gibt es einen Shuttle-Service zum Start und auch zurück vom Ziel für 35 NZ-Dollars pro Person. Glücklicherweise lernen wir am Vorabend zwei Jungs kennen, die auch die Wanderung machen wollen und ein Auto haben. Das spart uns allen den Shuttle. (Nachtrag: Diese Transport-Variante ist leider inzwischen nicht mehr möglich, da das Parken am Start- und Endpunkt nicht mehr gestattet ist.)
Außer dem Tongariro Alpine Crossing gibt es auch noch ein paar andere Wanderungen im Tongariro-Nationalpark:
- Tongariro Northern Circuit: 13,7 km / 5:20 Std.
- Tongariro Summit Track: 9,7 km / 4 Std.
- Soda Springs Track: 4,7 km / 1:10 Std.
- Mangatepopo Track: 8,9 km / 2:40 Std.
- Mangatepopo Hut: 1,8 km / 40 Min.
Start der Wanderung: 6 Uhr morgens

Das Tal im Tongariro-Nationalpark liegt so früh morgens noch im Schatten. In der Ferne sehen wir schon den Ngauruhoe, auch bekannt als Schicksalsberg aus „Der Herr der Ringe“.
Um 6 Uhr früh fahren wir zu viert mit beiden Autos zunächst zum Ziel, stellen dort einen Wagen ab und dann weiter zum Start, wo wir das andere Auto parken. Nik und Fabian sind 19 Jahre jung, direkt nach dem Abitur für mehrere Monate nach Neuseeland, „wie das eigentlich alle nach dem Abi machen“. Und die beiden sind fit. Mein lieber Scholli, was für ein Tempo die drauf haben. Es ist noch dunkel, als wir starten. In der ersten Stunde überholen wir im Sauseschritt andere Wanderer, die sich ebenfalls so früh auf den Weg gemacht haben.
Seid ihr wirklich bereit?
Doch als es dann zum wohl anstrengendsten Teil der Strecke kommt, dem steilen Anstieg zwischen Tongariro und Ngagauruhoe – zurecht auch Devil’s Staircase (Treppenhaus des Teufels) genannt – müssen Claudia und ich kapitulieren. Wir lassen die durchtrainierten Jungspunde ziehen und klettern in unserem Tempo weiter. Immerhin: Rund 6 km liegen schon hinter uns, dabei kommt gerade erst die Sonne raus. Ein Hinweisschild warnt uns: STOP! Seid ihr wirklich vorbereitet weiterzugehen? Habt ihr passende Ausrüstung dabei, seid ihr fit genug? Ist das Wetter okay? Ansonsten kehrt um!

Warnhinweis-Schild für Wanderer im Tongariro-Nationalpark.
Wanderung verschoben, Bilderbuchwetter!
Doch wir können alle Fragen ruhigen Gewissens mit „Ja“ beantworten. Wir hatten die Wanderung extra wegen der Wettervorhersage um einen Tag verschoben. Und welch ein Bilderbuchwetter wir haben! Kein Regen, strahlend blauer Himmel mit ein paar kleinen Wölkchen, Top-Sicht soweit das Auge reicht und weder zu kalt noch zu warm.

Herrliche und manchmal skurrile Landschaften im Tongariro-Nationalpark.
Wobei wir für alle Widrigkeiten gerüstet sind, kann doch das das Wetter jederzeit umschlagen. „Man darf nie vergessen: Ihr seid in den Bergen, da kann es auch mal unerwartet regnen und die Temperatur auf einen Schlag um 10 Grad sinken“, hatte uns die Dame in der Touri-Info mit auf den Weg gegeben.
Willkommen in Mordor

Morgendliche Vulkanlandschaft im Tongariro-Nationalpark
Wir fühlen uns in der kargen, dunklen Vulkanlandschaft mitten in das böse Mordor aus „Der Herr der Ringe“ rein versetzt. Der Schicksalsberg blickt majestätisch und bedrohlich auf uns herab. Von Vegetation keine Spur. Wir haben schon 500 Höhenmeter bewältigt, auf dem Bergsattel zieht es ungemütlich. Wir sehen ein Pärchen, das sogar mit Kleinkind vor der Brust den Weg auf sich genommen hat (wir kommen später mit den beiden ins Gespräch und erfahren, dass sie erfahrene Wanderer sind). Die Sicht ist ein Traum, dieser Abschnitt hat es aufgrund des Windes aber in sich.

Karge Vulkanlandschaften im Tongariro-Nationalpark
Über den Südkrater und weitere 300 Höhenmeter erreichen wir den höchsten Punkt, den noch immer aktiven Red Crater. Überall steigt Schwefelrauch auf. Wir sehen stechend türkisblaue Vulkanseen, die Emerald Lakes und in nicht mehr allzu weiter Ferne den wunderbar klaren Blue Lake. Zunächst müssen wir jedoch einen steilen Hang herab, der aufgrund des feinen Gerölls recht rutschig ist. Nichts für Flipflops.

Phasenweise ist es ziemlich windig beim Tongariro Alpine Crossing und auch die Abstiege über Geröllhänge haben es in sich.
Ich denke an die Mutter mit Kleinkind. Was, wenn sie hier ausrutscht und das Kind auf einen der großen, scharfkantigen Steine fällt? In meinen Augen ein unverantwortliches Unterfangen. Sie gesteht uns später, dass sie nur Angst hatte, dass die Wanderer hinter ihr sie umreißen könnten …
Pause an den Emerald Lakes

Blick auf die smaragdgrünen Emerald Lakes in der frühen Mittagssonne. Traumhaft schön!
Wir machen Pause an den Emerald Lakes und genießen den umwerfenden Ausblick. Zeit genug haben wir, da Nik und Fabian zusätzlich den Schicksalsberg besteigen wollen, was ca. 2 1/2 Stunden extra dauert. Uns reichen die regulären 19,4 km.

Am Ufer des Blue Lakes machen wir Mittagspause. Die Wanderermassen sind glücklicherweise noch hinter uns.
Auch am Blue Lake lassen wir uns nieder und genießen die Stille. Doch der Blick zurück macht uns deutlich: Mit der Stille ist es bald vorbei. Wir haben unseren Vorsprung des frühen Starts eingebüßt. In der Ferne sehen wir, wie die Massen anrücken. In der Hochsaison sind täglich rund 1000 Wanderer hier. Ostern und Weihnachten sind die geschäftigste Zeit des Jahres im Tongariro-Nationalpark. Also weiter. Noch ein kurzer Anstieg, dann eröffnet sich der Blick auf den Lake Taupo, Luftlinie 25-30 km entfernt.

Den Lake Taupo kann man von hier aus gut sehen.
Tongariro Alpine Crossing: Ketetahi-Hütte
Von nun an geht es fast nur noch bergab, an heißen Quellen vorbei. Eine ausgiebige Pause machen wir an der Ketetahi-Hütte. Leider gibt es hier, wie auf der gesamten Strecke, nichts zu essen oder trinken. Wäre einfach zu schön, jetzt eine Erbsensuppe oder einen Apfelstrudel zu verdrücken oder ein Radler zu trinken. Immerhin gibt es eine Toilette – die einzige auf der Strecke! Claudia spricht ein Stoßgebet und eilt davon.

Wir genießen die Sonne vor der Ketetahi-Hütte und machen eine ausgiebige Pause.
Während wir in der Sonne liegen, erreichen auch die Wanderermassen die Hütte. Doch nun, 1 1/2 Stunden vom Ziel entfernt, macht das nichts mehr. Es war die richtige Entscheidung, früh, aber nicht zu früh, zu starten. So mussten wir nur ein kurzes Stück im Dunkeln bewältigen, hatten die Vulkane aber gefühlt für uns.
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Endspurt und eine kryptische Warnung
Im letzten Abschnitt werden wir gewarnt: „You are entering a higher risk Lahar Hazard Zone“. Was immer das heißen mag, wir sollen zügig durchmarschieren und nicht anhalten. Haben wir sowieso nicht vor. Und dann endlich, 1100 Höhenmeter unterhalb des Gipfels: Das Ziel.
Wir gesellen uns zu den anderen Wanderern, die in der Sonne auf den Shuttle-Bus warten, und warten auf Nik und Fabian, die knapp eine halbe Stunde später eintrudeln. Der Anstieg zum Schicksalsberg sei mühsamer als gedacht gewesen. Der Weg nicht präpariert. Sie seien mehrfach ausgerutscht und hingefallen. Drei Stunden extra hätten sie gebraucht.
Fazit Tongariro Alpine Crossing
Wir haben für das Tongariro Alpine Crossing mit mehrstündigen Pausen insgesamt 7 1/2 Stunden gebraucht. Am Ende fühlen wir uns noch munter – anders als bei den Wanderungen zum → Machu Picchu Mountain oder der unvergesslichen → Vulkantour in Costa Rica, die zwar nicht über solch eine lange Distanz gingen, aber dafür deutlich anspruchsvoller waren.
Unser Fazit: Die Wanderung „Tongariro Alpine Crossing“ wird zu Recht so gehypt. Wir würden sie jedem empfehlen und immer wieder machen. Die wunderschönen Vulkanlandschaften vor dem tiefblauen Himmel haben sich für immer in unser Gedächtnis eingeprägt. Aber auch die Entscheidung, auf einen Tag mit gutem Wetter zu warten, war richtig. Nicht zu vergessen: Das richtige Equipment, wärmende Kleidung, die man gut schichten kann, Sonnenschutz sowie ausreichend Verpflegung und Wasser sind unerlässlich.
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Mehr Erfahrungsberichte aus Neuseeland
Auf unserer einjährigen → Weltreise waren wir insgesamt 6 1/2 Wochen in Neuseeland. Eigentlich sollten es nur vier werden, doch das vielseitige Land hat uns so begeistert, dass wir unseren Flug vom → Round-the-World-Ticket verschoben haben und länger geblieben sind. Einige unsere Stationen in → Neuseeland haben wir in Blogartikeln festgehalten:

So sieht’s in Neuseeland aus. Die ganze Zeit.
- Pancake Rocks: Fontänen so hoch wie Wolkenkratzer
- Frank-Josef-Gletscher: teurer Quickie mit dem Helikopter
- Te Anaus unechte Glühwürmchen und die Fjorde des Milford Sound
- Queenstown: Actionhochburg mit Ferienlagerambiente
- Ein perfekter Tag in Neuseelands Hauptstadt Wellington
So schöne Bilder! Dieser Blog inspiriert mich wieder öfters mal zu reisen, wo die Zeit noch da ist und die Gesundheit noch mit macht.
Liebe Grüße Alisa